Arbeitsbedingungen durch psychische Gefährdungsanalyse verstehen und gestalten
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Arbeitsbedingungen durch psychische Gefährdungsanalyse verstehen und gestalten

Seit 15 Jahren beschäftigte ich mich in der Forschung, in der Lehre mit Studierenden und in Zusammenarbeit mit Unternehmen mit der Analyse von Arbeitsbedingungen und deren Wirkungen auf die Gesundheit und Motivation von Beschäftigten. Dabei bin ich immer wieder folgenden Herausforderungen begegnet: 

  • Die meisten Instrumente, die in Wissenschaft und Praxis eingesetzt werden, eignen sich nicht für Berufe mit gering qualifizierten Beschäftigten oder für Nicht-Muttersprachler. Dabei profitieren alle von leicht verständlichen Fragen.

  • Viele wissenschaftlich validierte Instrumente sind zu lang, um in der Praxis eingesetzt zu werden. Möchte man eine breite Belegschaft erreichen, so darf eine Befragung unserer Erfahrung nach nicht länger als 15 min dauern.

  • Bei in der Praxis gängigen Instrumenten purzeln oft Fragen durcheinander, die ein Konstrukt messen sollen. Wie Skalen bei diesen Instrumenten gebildet werden, ist mir ein testtheoretisches Rätsel.

  • Die Negativformulierung stößt Beschäftigte auf problematische Arbeitsbedingungen. Folgen keine Maßnahmen, dann werden Beschäftigte mit diesem Negativfokus allein gelassen, was zu einer Verschlechterung von Wohlbefinden und Motivation führen kann.

 

Die psychische Gefährdungsbeurteilung ist für Unternehmen aktueller denn je, denn die seit Jahren zunehmenden psychischen Erkrankungen bei Beschäftigten haben mit der Pandemie einen neuen Höchststand erreicht. Daten von Krankenkassen zeigen, dass sie die dritthäufigste Ursache für Abwesenheiten mit den längsten Arbeitsunfähigkeitstagen sind.

Somit sind Unternehmen und Organisationen gefordert zu reagieren zum Wohle der Beschäftigten als auch zur Sicherung ihrer eigenen Wettbewerbsfähigkeit – gerade in Zeiten von Arbeitskräftemangel. Seit 2013 sind sie nach dem deutschen #Arbeitsschutzgesetz sogar dazu verpflichtet und „die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird (§ 4 Nr. 1)“.

Wie genau dies erfolgen kann, darüber herrscht oft große Unsicherheit. Organisationen fehlt es oft an Orientierung, welche Tools sich für die psychische #Gefährdungsanalyse eignen. Dies geht nicht nur auf fehlendes Wissen in Organisationen zurück. Vielmehr sieht man sich mit einem unübersichtlichen Markt konfrontiert. Die unzähligen Instrumente sind - wie oben beschrieben - oft nicht testtheoretisch fundiert, nicht universal einsetzbar, da sie für spezielle Zielgruppen entwickelt wurden oder sich nur auf einige Bereiche konzentrieren. Die Analyse bleibt dann lückenhaft. Insbesondere neue Arbeitsformen und soziale Faktoren werden unzureichend berücksichtigt. Viele Instrumente wurden zudem an akademischen Zielgruppen validiert. Die Fragen sind daher lang und kompliziert formuliert und für viele Berufe nicht geeignet.

 

Liegen die Ergebnisse einer psychischen Gefährdungsanalysen vor, stellen sich neue Herausforderungen: Wie sind die Ergebnisse zu verstehen? Welche Konsequenzen leiten sich daraus ab? So bleiben unserer Erfahrung nach viele psychische Gefährdungsanalysen folgenlos. Bei den Beschäftigten bleibt hängen: 'Es interessiert sowieso keinen'. Und es ist eine vertane Chance. Denn unabhängig von den gesetzlichen Verpflichtungen, bietet die psychische Gefährdungsanalyse die Chance, Arbeitsbedingungen an den Bedürfnissen der Mitarbeitenden auszurichten und damit einen Beitrag zur Gesundheit und Mitarbeiterzufriedenheit zu leisten, um Beschäftigte zu halten und zu gewinnen.

MEntal RIsk ASsessment (MERIAS

Wir haben uns im Mai 2018, kurz nach dem “Tag der Arbeit”, auf den langen, arbeitsreichen und zugleich lohnenden Weg gemacht, ein universal einsetzbares Screeninginstrument für die psychische Gefährdung zu entwickeln. 

So ist ein Instrument entstanden, das nicht nur wissenschaftlich fundiert und zugleich praktikabel ist, sondern welches die zentralen Arbeitsbedingungen umfassend und branchenübergreifend erfasst. Alle Fragen sind kurz, leicht verständlich und positiv formuliert. 

  📌 Ziel von MERIAS ist es Organisationen fundiert und effizient zurückzumelden, an welchen Stellen sie ansetzen müssen, um Beschäftigte gesund zu halten und für die Arbeit zu motivieren.

 📌 Wer wir sind? 

Drei Vertreter:innen der #Psychologie mit dem Schwerpunkt Arbeit und Gesundheit, soziale Beziehungen in Organisationen und Zukunft der Arbeit  in Forschung, Lehre und Beratung:

👤 @Annekatrin Hoppe, 👤 @Sascha Kilburg, 👤 @Jens Nachtwei

 

📝 Was #MERIAS auszeichnet:

  •  Analyse aller relevanten Arbeitsbedingungen nach den Merkmalsbereichen der #GDA (Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie)

  • erhebt zusätzlich umfassend soziale Faktoren (wie Feedbackkultur, Teamzusammenhalt, Konfliktkultur)

  • berücksichtigt neue Formen der Arbeit (wie mobil-flexibles Arbeiten) 

  • betrachtet systemische Bedingungsfaktoren, wie organisationale und gesellschaftliche Einflüsse

  • nutzt leicht verständliche Fragen, die auch Nicht-Muttersprachler beantworten können

  • beinhaltet eine Kompaktversion für den effizienten Einsatz

  • beinhaltet eine verständliche Auswertung, die die Handlungsbedarfe aufzeigt

  

Zum Weiterlesen:

Kilburg, S., Prümper, A. M., Nachtwei, J., & Hoppe, A. (2020). Belastungen erkennen. Personalmagazin, (9), 64-67.

https://www.haufe.de/personal/hr-management/stoerungsfreie-freizeit-bei-mobil-flexibler-arbeit_80_618896.html

 

 

 

Urve Liivak

Urve.Berlin✨|| Former world ranking gymnast is creating healthy & unique work environments for high performance companies 🔑🚀

1mo

I'm super happy to see that we're focussing more on people's health! But in addition to the point that "work must be organized in such a way that risks to life and physical and mental health are avoided as far as possible and the remaining risk is kept as low as possible (§ 4 No. 1)" I'd wish to add that employers should really consider not only WORK, but also the ENVIRONMENT and surrounding of the employees, which can have perhaps even an equal affect to employees wellbeing. Annekatrin, I'm honoured to work together with You in this field! 🙏 Looking forward to our next brainstorming on the topic as I have some new ideas in mind 😊

Jens Nachtwei

psychologist 🎓 research & teaching 🎓 AI & future of work 🎓 bei university + university spin-off

1mo

Wirklich schön auf den Punkt gebracht; bin sehr dankbar für die Zusammenarbeit in diesem hochgradig relevanten Feld und freue mich auf die nächsten gemeinsamen Jahre zum Thema #psychische #Gefährdungsbeurteilung mit #MERIAS!

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